Die Gewalt der Partizipation -Kollaboration als postkonsensuale Praxis

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Markus Miessen schreibt in seinem Artikel, die Gewalt der Partizipation: 

„Wenn sich Menschen versammeln, ergeben sich räumliche Konflikte.

Raumplanung wird oft als Management räumlicher Konflikte betrachtet. Um

mit Konflikten umzugehen, muss sich eine kritische Entscheidungsfindung

entwickeln. Die Stadt −− und auch die progressive Institution −− existiert als

eine Reihe von sozialen und räumlichen Konfliktzonen, die ihre Grenzen durch

ständige Umwandlung neu aushandeln.“ Diese Umwandlung in der Wissenschaft des Raums beschreibt Gerhard Franck in seinem Vortrag zur Sinnlichkeit der Architektur recht gut. Und ich möchte gerne mit ihm, einen Diskurs über Inhalt und Form wagen. Den um diese Umwandlung oder Die Architektur und deren Herangehensweise an Probleme zu verstehen, bedarf es einer genaueren Betrachtung der Architektur selbst und die Abhandlung über das was sie darstellt.

Gerhard Franck hielt an der ETH Zürich ein Vortrag über sinnliche Intelligenz und was die die Architektur davon lernen könnte. In dem Buch „What moves Architectur“ vom GTA Verlag, wurde dieses Referat  veröffentlicht. Gerhard Franck sagt, dass das Entstehen von Architektur zusammen gesetzt ist aus dem Wunsch ein Gebäude zu bauen und der Kunst dieses zu erstellen. Die Kunst ist das größte Labor zur Erforschung von Wünschen und die Begierde ist die Formulierung von Ergebnissen die erst durch das Produzieren entstehen. Das Beliebige ist ein Schlüssel zur Erschaffung kreativer Momente, die Wahrnehmung merkt mehr als der Verstand begreift. Der bloße Wunsch nach Abwechslung sucht sozusagen nach der Quelle in einer sinnlichen Ästhetik. Walter Benjamin schreibt in seinem Aufsatz „Kunsthandwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“. Architektur ist die einzige Kunst die sowohl im Zustand der wachen Aufmerksamkeit als auch im Zustand der Zerstreuung rezipiert wird¹. Im Zustand der wachen Aufmerksamkeit wird sozusagen

1. Walter Benjamin, Kunsthandwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (1936) Gesammelte Schriften von R. Tiedemann u. H. Schweppenhäuser. Frankfurt am Main: Suhrkamp.  1991.

durch Art und Weise der Bedingungen ein konzentrierter Eindruck vermittelt. Im Zustand der Zerstreuung gelten diese Modalitäten für alle Sinne gleich so entsteht zum einen eine Verknüpfung und Stimmigkeit der Sinnlichkeit von Architektur.

Gerhard Franck sagt: „Wenn unsere Sinne die Möglichkeit haben, am Verstand vorbei direkt miteinander zu kooperieren,  dann verfügt die Sinnlichkeit über eine eigene Art der Intelligenz.“²

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Parthenon

Architektur ist nur wirklich dann gut wenn es eine körperliche und sinnliche Verknüpfung mit dem Betrachter aufbaut. Den Eindruck durch eine höhere Stimmigkeit und Qualität steigert. Die Sinne verfügen über eine eigene Art der Findigkeit, über eine eigene Kraft zu urteilen und einen Sinn für Präzision. Architektur sucht immer nach Stimmigkeit und Präzision und da sich das Umfeld und die Art und Weise der Produktion zeitlich verändern, entstehen somit immer neue Ergebnisse.

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Griechischer Tempel

2. What moves Architectur. Gerhard Francke, Herzog & de Meuron, Joep van Lieshout. GTA Verlag. 2006. S.14 1.Abs.2

dieser Betrachtung  aus zeitlicher Sichtlassen sich  genauere  Schlüsse aus der klassischen Architektur erfahren. Der griechische Tempel unterliegt einer exakten Formsprache. Proportionen, Form und Regeln der Taktung stehen weitestgehend fest. Die größte Freiheit  hat sich dem gegenüber der dorische Tempel, das Pantheon in Athen, genommen. Es weicht mit seinem Acht Säulen an der Giebelseite klar von den klassischen Sechs Säulen ab


woher rührt dieser Unterschied?

Ist er religiöser Natur oder gründet er sich aus den zeitlichen Zerwürfnissen.Alle diese Argumente bleiben schwach, überlegt man dass die Formgrammatik schon seit Jahrtausenden besteht. So lässt sich ableiten, dass umso strikter die Regel ist, umso klarer ist die Erwartung. Das heißt, dass schon bei kleinsten Veränderungen deren Bedeutung  hervorsticht und Möglichkeit zur Atmosphäre und Subtilität lässt. Beim Pantheon sind die äußeren Säulen nach innen gerückt, diese Abkehr von der Regel, geschieht einmal aus Gründen der Taktung und  obwohl nicht Regel konform zur Stimmigkeit für das Auge.  Durch diese Ecklösung bekommt das Gebäude eine Kompaktheit und Geschlossenheit. Ein weiteres Beispiel für die Stimmigkeit der Betrachtung ist die Entasis, die Schwellung des Säulenschafts. Diese Schwellung hat keine tragende Funktion ist aber sinnfällig für das Körpergefühl des Tragens und somit stimmig. Der Anlass für die Stärke der Stimmigkeit ist die Intelligenz der Sinne.  Jetzt gilt es heraus zu finden welche Sinne zusammen handeln, in welchen Verhältnissen sie zusammen reagieren und wie der Rahmen der Eindrücke gewählt ist, damit eine Stimmigkeit an den Betrachter gesendet wird. Ein sehr gutes Beispiel für das kuratorische Anwenden der Befriedung des Auges ist das Umgehen der Griechen mit den Horizontalen. Weder der Stylobat noch das Gebälk sind beim Pantheon in geometrischer Gerade. Das nimmt man wahr, erkennt die Geraden beim Sehen aber  erfährt sie nicht intellektuell. Den immanenten Sinn für Präzision und Geometrie machten sich bereits die Griechen des Altertums zu nütze. Dies geschah in der gleichen Epoche in der Philosophie, Physik und Mathematik einen hohen Stellenwert erlangten. Wir fragen uns, warum sich augenscheinlich die sinnliche Intelligenz mit der Philosophie so schwer tut? Wahrscheinlich weil sich Sinnlichkeit und Intellektuelles Denken gegenseitig zu widersprechen scheinen. Es fehlt an einer Theorie die die Formgrammatik und Stimmigkeit definiert. Der griechische Tempel ist also das Gegenteil des Zufälligen, alles ist formal und logische mit einander verknüpft und wohlproportioniert. Man kann also sagen, dass es für subtile Abweichungen eine Grammatik, ein Regelwerk braucht um darauf aufzubauen und das schon Bewiesene fortzuschreiben. Ein gutes Beispiel für diese Subtilität ist der Zen Garten. Stellt man den Zen Garten dem griechischen Tempel gegenüber, so sind es die formalen sprachlichen Elemente, die den qualitativen Charakteren entgegengesetzt sind. So geht es im Zen Garten um die völlige Abkehr der Absicht.   Und der Suche nach dem zufällig stimmigen. Francke sagt: „ Es wäre hoffnungslos, den Eindruck  der Absichtslosigkeit, den die Fundstücke im Zen Garten machen, mittels einen Zufalls-generators herstellen zu wollen. Auch hier merkt die Wahrnehmung mehr als der Verstand.“³ Diese Absichtslosigkeit ist Ausdruck der Leere die ohne Ziele, Streben und Ideale eine Stimmigkeit schafft, so zusagen im Sein und nicht im Bewusst sein.   Dieses Moment zeigt sich am besten am geometrisch gezirkelten Kiesbett, dessen Präzision hinfällig ist, da sie jeden Tag aufs Neue erstellt werden muss, jeder Windstoß, jeder Regen zerstört das Bild. Die Kompositorische Finesse zeigt sich in dem wie zufällig belassenen Stück Natürlichkeit, dass nur aus dem Ziel der Balance scheinbar beliebig aber gleichzeitig harmonisch der gesamt Inszenierung zur Erhabenheit gereicht. Es zeigt sich das auch der Sinn für Zufälligkeit genauer ist als die Theorie. Dieser Zustand des nicht Seihens, genügt im Zen Garten zur abgelenkten Selbstaufnahmen und erzeugt ein meditatives Erlebnis. Die asiatische Philosophie kultiviert im Gegensatz zu der Westlichen die die Realität durchdringt, das Erfahren von Gegenwart. In Sachen sinnliche Intelligenz finden sich indessen Übereinstimmungen. Zusammen fassend lässt sich sagen dass für die sinnliche Intelligenz das als falsch wahrgenommen wird was willkürlich bleibt. Und das als richtig was zur zusammenfindenden Stimmigkeit gereicht.

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Zengarten Rioan

Nach innerer Erörterung dieser Aspekte stellt sich die Frage ob ein Projekt architektonisch fertig ist. Nach  dem Ende der Bauzeit oder wenn es zur Epoche der Klassiker erhoben wird. Eine nahezu objektive Beurteilung erlangt ein Bauwerk erst mit dem Status als Klassiker sodann kann  über die architektonische Güte eine treffende Aussage getroffen werden. Durch das erwählen der Klassiker wird gleichzeitig der Anschluss an die Fortführung der Tradition gewahrt, denn Stimmigkeit, Präzision sind trotz stilistischer Unterschiede

vergleichbar. Die jüngsten anerkannten Klassiker sind die der Moderne, zum einen beispielsweise die Werke von Mies van der Rohe, zum anderen die von Frank Lloyd Wright. Mies der sich sein ganzes Leben mit dem stellen der Stützen befasst hat, stand mit seinem Seagram Building vor dem gleichen Problem wie die Griechen mit ihren Pantheon. Durch die Einrückung der Ecke schafft er es zum einen den Stahlskelettbau der Fassade zu minimieren und gleichzeitig das Gebäude kompakt wirken zu lassen. Er bewirkt dies indem er die Fassade wohl-proportioniert um das Hochhaus führt.

3. What moves Architectur. Gerhard Francke, Herzog & de Meuron, Joep van Lieshout. GTA Verlag. 2006. S.19  1.Abs.

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Eckverbindug  Seagram Building

Die Mies`sche Ecke wirkt als eingerückter Rahmen der die Taktung der Fassade um die Ecke lotst. Mies van der Rohe propagiert in seinem Stahlskelettbau die klare Syntaktung. Nichts wirkt beliebig alles ist klar geordnet, ähnlich dem griechischen Tempel, durch seine Formalsprachlichkeit schafft er eine Stimmigkeit der Architektur. Die regelmäßige Umsetzung schafft gleichzeitig Raum für Subtilität.Bei der National Galerie überhöht Mies den Hauptträger und schafft dadurch für das Auge eine schöne Horizontale und in der Gesamtwirkung Stimmigkeit für den Betrachter. Man kann also behaupten das Mies die von ihm aufgefundenen Regeln der Antike übernimmt und in den Stahlskelettbau überführt.

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Seagram Building   –  Mies van de Rohe

Wright schafft es gerade durch den umgekehrten Schritt, also nicht die strenge Regel sondern die Aufnahme von natürlicher Harmonie und Übereinstimmung, das Bauwerk nicht beliebig wirken zu lassen. Er nimmt die naturgegebenen Regeln auf, wie ein Ast wächst oder Wasser fließt und  kopiert diese Methodik um beim Betrachter ein stimmiges Bild zu erzeugen. Wright macht also in erster Linie die sinnliche Intelligenz für sich nutzbar.

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Frank Lloyd Wright, Robie House, Chicago, Illinois

Die natürliche Beobachtung ist die selbstähnliche Erneuerung der körperhaften Elemente auf verschiedenen Ebenen der Maßstäblichkeit. Wright schrieb, dass wir von der Natur lernen müssen statt in Büchern zu lesen.4

4. Frank Lloyd Wright 1955,Zitiert aus Bovill 1996  s.136.

Wright`s Architektur gibt darüber Auskunft welche Lektionen er der Natur abgeschaut hat. So erschuf er Häuser wie Bäume in dem er sie nicht nachahmte sondern zu ihrem Grundprinzip vorstieß.

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Frank Lloyd Wright  –  Wohnsiedlung

Er arbeitete meist mit Patagonien artigen Dächern, dominant liegend und subdominat stehenden Formsprachen.  Man kann mit guten Gewissen behaupten das Frank Lloyd Wright es wie kein anderer verstanden hat, streng Geregeltes mit absichtslos Gewordenem zu mischen. Man kann also sagen dass er sowohl den Begriff fraktale Architektur mit prägte und gleichzeitig einen Kompositionsstil mit einer klaren Formgrammatik prägte.

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Frank Lloyd Wright  –  Wohnsiedlung

Wenden wir uns jetzt der Gegenwart zu, so müssen wir erkennen das sowohl Produktionsmechanismen wie  auch planerische Tätigkeiten immer mehr durch Computer berechnet werden. Und dadurch neu gestalterische Kompositionen möglich sind. Diese Mechanisierung und Steuerung durch künstliche Intelligenz befindet sich allerdings noch am Anfang.

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Steven Holl MIT Studentenheim

Betrachtet man die digitalen Mittel der Gestaltung, so lässt sich sagen dass die architektonisch besten Lösungen die sind, bei denen formale und stimmige Komponenten schlüssig erwidert werden. Da die Rechenleistung der benützten Computer komplexe Geometrien durchforschen und lösen kann. So muss man aber unterscheiden zwischen den Architekten die diese Medien voll ausschöpfen können ohne dass sich eine Stimmigkeit ergibt oder Details sehr grob erscheinen.

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Steven Holl  Entwurftypologie 

Ein großer Verfechter der fraktalen Architektur und der Geometrie ist Steven Holl der in seiner Architektur immer wieder auf mathematische, geometrische Prozesse mit seiner Architektur eingeht. Sein bevorzugtes Motiv ist der Menger Schwamm der zum einen den gefüllten Würfel zum anderen das Abhandenkommen von Materie beschreibt. Dadurch entsteht auf jeden Fall der Eindruck von Kompaktheit und Masse bei gleichzeitiger größter Auflösung und Öffnung.

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Steven Holl’s „Sliced Porosity Block

Vergleicht man jetzt aber das innen liegende geometrische System mit der abstrahierten Anwendung so wirkt  die Verwendung doch stark verwässert. Man muss aber noch zu Holl sagen dass Er sich nur auf Motive beschränkt, die sich durch Vermengung von Formen ausdrücken. Dieses Vermengen geschieht so plötzlich das sich kein System dahinter erkennen lässt und somit jegliche Stimmigkeit abhanden kommt. Was natürlich primär ausschlaggebend für die Bewertung als Klassiker ist. Vielleicht kann man dies am besten mit einen Zitat von Mies van der Rohe erklären, der sagt: „I`m not working on architecture. I`m working on architecture as a language. You can use to have a grammar in order to have a language. You can use it, you know, for normal purposes, and you speak in prose. And if you are really good, you can be a poet.”(1955)5

5. Mies van de Rohe in America, hg. Von Phyllis Lambert, Montreal & Whitney Museum of American Art, 2001. S.193

Was Mies damit sagen will ist vor allem, dass es für einen Architekten wichtig ist das sich die einzelnen Motive und Formen untereinander ergänzen und ihre Gesetzmäßigkeiten erhalten. „Der einzig nachhaltige Quell sinnlicher Evidenz ist die konspirative Zusammenarbeit der Sinne. Wie es zu dieser Zusammenarbeit kommt, ist uns verborgen. Wir bekommen sie nur zu spüren, wenn sie klappt.“ Sagt Georg Franck. 6

6. What moves Architectur. Gerhard Francke, Herzog & de Meuron, Joep van Lieshout. GTA Verlag. 2006. S.44  2.Abs.

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Century Tower Bunkyo-ku in Tokyo, Japan, Norman Forster

Die Mies Nachfolger die der Konstruktion nicht nur ästhetische, sondern auch technische , in der Herstellung und Betrieb, Höchstleistung abgewinnen.

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Zentrale der Commerzbank Frankfurt, Norma Forster

sehen sich in der Schwierigkeit das nicht nur die Mode sondern auch der Stand der Technik sich ständig verändern. Einer von ihnen ist Norman Foster der sich mit seinen Gebäuden Gedanken zur Hülle und zum Benutzer macht.So stehen für ihn auch ökologische Verträglichkeit durch Passivheizung, natürliche Belüftung, gute Belichtung und innen liegende Gärten im Vordergrund. Dabei steht er vor einer großen Herausforderung sowohl technisch als auch ästhetisch in einer Sprache zu sprechen.

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Swiss Re Tower, London, Norman  Forster

Beim Hauptsitz der Hongkong-Shanghai Bank in Hongkong 1979-1986 erlaubt das vertikale Brückentragwerk Freiräume, die Pylonen artigen Träger  demonstrieren aber sehr stark das technische Verständnis Forsters. Forsters architektonische Sprache wirkt schnörkellos, funktional und technisiert. Er greift zum zeitlich geprägten Bild der Flug- und Raumfahrttechnik. So ist seine Architektur immer höchst funktional, sozusagen der Umkerschluß aus „from follows funktion“, erhält aber nicht die von Mies geforderte Poetik. Georg Francke sagt „ kaum etwas spricht so deutlich für die poetische Kraft der Architektur wie ihre Fähigkeit zu Freud`schen Versprechern“. Solche Versprecher plaudern aus, was im Hintergrund der bewussten Wahrnehmung alles zusammenarbeitet.“ 7

7. What moves Architectur. Gerhard Francke, Herzog & de Meuron, Joep van Lieshout. GTA Verlag. 2006. S.50  2.Abs.

Um eine Wahrnehmung herbeizuführen braucht es das Verwinden von Zufälligkeit, keine schiefe Metapher und durchgängige Präzision. Ein Starker Eindruck kann nur gelingen wenn der gewählte Ton verstärkt wird und die Resonanzen im Hintergrund bewusst wahrnehmbar sind. Francke schreibt: „ Der äußere Reiz muss sich fortsetzen in eine wechselseitige Anregung der Sinne, die Affekte und Assoziationen einbeziehend, das Vernehmen eines satten multimodalen Klangs oder das sich Spüren der wahrnehmenden Präsenz organisiert.“8

8. What moves Architectur. Gerhard Francke, Herzog & de Meuron, Joep van Lieshout. GTA Verlag. 2006. S.52  2.Abs.

Francke sagt im Folgenden noch, dass seine Schlüsse gegenüber Holl und Forster sicher auch falsch seien können aber er betrachtet die Architektur als weiteres Forschungsfeld der Wahrnehmung und Sinne in den wir uns Selbst wahrnehmen.

 

Unter diesen Aspekt kann man Frankes Beschreibung der Sinnlichen Intelligenz vielleicht auf als Summe des Konfliktes sehen, in dem sich die Klassiker immer in Opposition zu ihren Vorgängern verglichen und durch diese Kontroverse neue Handlungen  kreierten die ihren Ursprung in den Konflikt und den Fragmenten der Vorgänger fanden.   

 

Kollaboration als postkonsensuale Praxis

Markus Miessen schreibt:“ Konflikt bezieht sich auf einen Zustand der Gegnerschaft oder der Opposition

zwischen zwei oder mehreren Gruppen von Menschen. Er kann auch als Zusammenprall von Interessen, Absichten oder Zielen beschrieben werden. Wenn wir den Konflikt im Gegensatz zu unschuldigen Formen der Partizipation betrachten, ist er nicht als eine Form des Protests oder eine konträre Provokation zu verstehen, sondern vielmehr als eine mikropolitische Praxis, durch die die Partizipierenden zu aktiv Handelnden werden, die darauf bestehen, in dem Kräftefeld, mit dem sie sich konfrontiert sehen, zu AkteurInnen zu werden.“ Dieses Sinnbild kann am somit auch umkehren und sagen das jeder Akteur und dessen Handeln auch das Ergebnis seiner zeitlich durchwanderten micropolitischen  Kraftfelder darstellt. welche recht gut Peter Eisenman und der von M. Miessen genannte Rem Kohlhaas recht gut beschreiben.

Architektur und Ideologie

Als Peter Eisenman sein Holocaust Denkmal in Berlin baute, stellte er sich zwei Fragen. Die erste Frage war, wie Architektur mit der Dominanz der Objektivität in der heutigen Zeit umgeht. Und die Sichtweise auf Architektur wenn sie mit abstrakter Stimmigkeit und der Präsenz von Zeichen arbeitet.

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Memorial to the Murdered Jews of Europe – Peter Eisenman

Eine weitere Frage die er sich stellte war wie sich Engagement gegenüber Autonomie verhält. Was würde passieren wenn man sich beide als Flächen vorstellt die nebeneinander liegen, und jetzt verschiebt man beide in einander und erschafft dadurch einen Raum mit ganz unterschiedlichen Werten. Ein weiterer Punkt den Eisenman vergleicht ist einmal die Bibliothek von Rem Kohlhaas in Seattle mit seinem Entwurf für Hamburg. Dabei stößt er auf einen fundamentalen Unterschied der Herangehensweisen, Bei Rem wird Konzept Diagramm zu Form und bei Eisenman Form zu Konzept.

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Max Reinhardts Haus, Peter Eisenman – CCTV Tower Rem Kohlhaas

Des Weiteren ist anzumerken das beide Architekten das Möbiusband für ihre Architektur verwenden aber natürlich zu verschiedenen Zeiten.Der Eine für das Max Reinhardt Haus und 12 Jahre später in China beim CCTV Tower. Der Eine stellte sich die Frage nach dem Außen und Innen während es dem Anderen um einen konsequenten Umgang ging.Ein weiterer Punkt den Eisenman bemerkte, ist das Architektur oder auch Monumente wie z.B. dass Holocaust Denkmal als Symbole politisch benutzt werden. Was aufschlussreich ist weil es uns zeigt, wie Architektur auch zum politischen Statement werden kann.

Die journalistische Architektur

Rem Kohlhaas denkt Architektur wie ein Journalist, beides sind Professionen ohne Disziplinen die alles einschließen. Architektur kann auf eine lange Geschichte zurück blicken und vielleicht ist gerade jetzt der Zeitpunkt gekommen an dem man sagen kann dass die ganze Welt zu einer Art Subjekt der Architektur geworden ist. Ein interessanter Punkt ist das Rem´s Kariere genau dann startete als auch der Effekt der Globalisierung entdeckt wurde. Rem´s Beobachtung gegenüber den Auswirkungen der Globalisierung in Bezug auf die Architektur ließ ihn zu dem Schluss kommen, dass bestimmte Architektur sich auf das Verhalten der Menschen auswirkt. Dieses Verhalten machte er an der Berliner Mauer fest.

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Exodus or the Voluntary Prisoners of ArchitectureRem Kohlhaas

Gerade zeigt uns die Globalisierung das sich gewisse Architekturen maximieren und ausbreiten und damit bestimmte Traditionen und Kulturen zerstören. Rem schreibt, dass in diesem Architekturgeschäft die tätigen Architekten meist nicht die sind die besonders gut bezahlt werden und es nur wenige gibt die dieses System des globalisierten Architekturmarkts für sich nutzbar machen können. Architektur geht meistens den Weg der Veränderung und vielleicht ist es Zeit darüber nachzudenken was Architekten zukünftig eigentlich tun sollten. Kohlhass schreibt, dass wenn ein Büro erfolgreich sein will, es auch immer den Diskurs zu anderen Disziplinen braucht. Der Populismus in der Architektur ist echt und zeigt wie stark Architektur mediatisiert und zum Werkzeug der Metropolenentwicklung gemacht wird. Rem schreibt wenn sie über ihr Projekt des CCTV Towers nachdenken entdecken sie immer ihr Forschungsschwerpunkt in der Art wie Menschen existieren und sich Nebeneinader benehmen und so eine globale Kultur schaffen. Es ist die Frage nach dem globalen Adressat und seinen Wünschen. Die Frage die wir uns stellen sollten, ist ob es wirklich nötig ist ein Hochhaus nach dem anderen zu bauen oder mit einer neuen Geometrie auch auf den Wandel, mit dem Vorzeichen dass nicht alles besser wird, einzugehen.

 

 

Angesichts der wachsenden Fragmentierung von Identitäten und den Komplexitäten der zeitgenössischen Stadt sind wir heute mit einer Situation konfrontiert, wo es entscheidend ist, über eine Form des Zusammenlebens nachzudenken, die den Konflikt als eine Art von produktiver Auseinandersetzung ermöglicht: ein Modell der unkonventionellen Partizipation im Sinne eines Zugangs für AußenseiterInnen, die bestehende Debatten und Diskurse beurteilen, ohne Angst zu haben, auf Ablehnung zu stoßen. Diesen Letzte Appel von M.Miessen möchte ich mit der Fragestellung nach den richtigen Raum für diese Kontroverse nach gehen und nutze dafür ein Projekt das sich mit der Fragestellung nach dem Metaraum  beschäftigte.

Meta- Raum

In einer Zeit, in der das Praktizieren von gesellschaftlichen Ritualen und affirmativ, kollektiven Anlässenaus unserem traditionellen Gesellschaftsbild zunehmend verschwindet und sich gleichermaßen in radikalisierter Form neu erfindet, stellt sich die Frage, wie gegenüber der Architektur der rituellen Monumente, der traditionellen, etablierten Beziehungen im Stadtraum, das neue, alternative, kollektive Programm entwickelt wird. Der Paradigmenwechsel der gesellschaftlichen Kollektivität hat dabei erstaunliche Parallelitäten zu architektonischen Tendenzen, Monumente durch „Ikonen“ zu ersetzen.

Die ikonoklastische Bewegung, sich der Bildhaftigkeit der Heiligkeit zu entledigen und das religiös motivierte Monument in eine Architektur der außerordentlichen und expressiv formalen Groß- Ikone des Alltäglichen zu überführen, wird hinterfragt.

Die architektonische Lösung des Metaraumes soll dabei ein Bekenntnis zur modernen Stadt einlösen, seinen Ort und Platz finden.

Entwurf

Wir untersuchen Einraum-Konzept für ein grossmassstäbliches und kollektives Programm. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Form und Struktur, die durch eine präzis ermittelte Geometrie Raum bestimmenden Einfluss hat. Das Programm bleibt dabei informell und ermöglicht einen gleichzeitigen Aufenthalt von 5000 Personen. Die Wechselhaftigkeit physischer Voraussetzungen heutiger Veranstaltungskulturen mit großen Menschenmengen soll in das Projekt einfließen.

Bild

„Tatsache ist, dass ein Bild, um einen Gegenstand

repräsentieren zu können, ein Symbol für ihn sein, für ihn

stehen, auf ihn Bezug nehmen muss; und dass kein Grad von

Ähnlichkeit hinreicht, um die erforderliche Beziehung der

Bezugnahme herzustellen. Ähnlichkeit ist für Bezugnahme

auch nicht notwendig, beinahe alles kann für fast alles andere

stehen. Ein Bild, das einen Gegenstand repräsentiert – ebenso

wie eine Passage, die ihn beschreibt -, nimmt auf ihn Bezug

und genauer noch: denotiert  ihn. Denotation ist der Kern

von Repräsentation und unabhängig von Ähnlichkeit.“

Nelson Goodmann; Languages of Art. London. Oxford

University Press. 1969

Technik

 

Für die Repräsentation des Metaraumes soll mittels einer Collage das Raumbild erstellt werden. Dabei werden gefundene Aktivitäten und physische Raumbedingungen manipuliert, verändert, ergänzt, gegenübergestellt, verzerrt und proportioniert. Für die Repräsentation des Metaraumes soll mit Aktivitäten und Raumbedingungen eine neu Architektur hergestellt werden. Diese neue Architektur definiert unseren Metaraum in Form, Struktur und Programm.

Beispiele

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1958 montiert Ludwig Mies van der Rohe unter Zuhilfenahme der Abbildung einer stählernen Fachwerkkonstruktion und Fotographien von

der Versammlung der Republikaner aus dem Jahr 1952 sowie einer Stoffreproduktion der US- Flagge den Hauptraum des Convention Center

Projektes als Fotokollage.

“Die Collage-Technik ist die systematische Ausbeutung des zufälligen

oder künstlich provozierten Zusammentreffens von zwei

oder mehr wesensfremden Realitäten auf einer augenscheinlich

ungeeigneten Ebene – und der Funke Poesie, welcher bei der

Annäherung dieser Realitäten überspringt.”

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Das Pantheon der Neutrino Wissenschaft

«Irgendwann im vergangenen Jahr (2005), erzählt Andreas Gursky, habe er in einer

Wissenschaftszeitschrift ein Bild gesehen, das ihn fasziniert habe. Dann habe er einen japanischen

Händler kennen gelernt, dessen Schwester wiederum einen Nobelpreisträger kannte. Und so sei er in den Neutrino Tank hineingekommen.» Dieser «Neutrino-Tank» liegt rund tausend

Meter unterhalb der Erdoberfläche und dient der Erforschung kosmischer Elementarteilchen.

Ausgkleidet mit 11200 Fotomultiplieren, welche die Tscherenkow-Strahlung von Elektronen

registrieren, ist er normalerweise mit 50000 Tonnen hochreinem Wasser gefüllt. Durch eine Serie

von glücklichen Umständen ist er nun zum ersten Mal seit Inbetriebnahme umfassend erneuert worden, so dass dieser Raum zum ersten und wahrscheinlich letzten Mal abgebildet werden konnte. Im Frühjahr 2006 kann Gursky diesen Raum von einem Gerüst aus fotografieren.

Die Aufnahmen vor Ort sind jedoch erst der Anfang eines aufwendigen Arbeitsprozesses.

In Paint-Box-Programmen wird das Bild manipuliert, die Spiegelungen erstellt und so nach

finalen Farbangleichungen und Lichtsetzungen ein neues Bild generiert, das eine zweite, neue

Realität zeigt. Entscheidend ist hier, dass Gursky den Ort nicht lediglich inszeniert, sondern neu

interpretiert und überzeitlich akzentuiert. Der technische Charakter des Observatoriums wird

zurückgefahren und das Mythisch-Magische des Ortes betont. Dass dies ausgerechnet durch

ein Bild eines Hightech-Laboratoriums unserer Gegenwart ermöglicht wird, zeigt, dass gerade

solche Bauten eine geradezu heroisches säkular-sakrales Potential in sich tragen und so als

perfekte Metapher eines neuen Metaraumes verstanden werden können.

Die Rolle der Technologie

Argumente für die neuen Medien können auf zwei Theorien beschränkt werden. Beide enthalten alle Argumente, die davon ausgehen, dass das Dasein eines jeden Mediums in seiner charakteristischen technischen Erzeugung begründet ist. Die innere Dynamik der Technologie stammt aus der eigenen Macht der Technologien.

Im selben Sinne ist also die Technik nichts, was außerhalb von uns liegt und was wir zu meistern oder zu beherrschen versuchen, sondern etwas, das uns tätig werden lässt, das uns gruppiert

und Handlungsaspekte aufweist. Technik schließt die Idee ein, dass sie nicht nur ein Herstellungswerkzeug für Dinge in der Welt ist, sondern selbst welt- erzeugend wirkt.Die meisten Theorien zu alten und neuen Medien teilen diese Idee einer performativen Macht der Technik, aber sie unterstreichen ganz unterschiedliche Aspekte und Perspektiven.

Die Revolution deutete es als den von den magischen Praktiken der Wunscherfüllung

zu den technischen Konstruktionen von Instrumenten und Maschinen, die nicht nur die Welt erschließen, sondern sie gleichsam konstruierten. An die Stelle des Wunsches tritt nun der Wille, an die Stelle der Magie die Blaupause. Mit der Konstruktion von Maschinen ändert sich die Kultur; Technik wird zu einem Symbol im selben Sinne.

Medien, in denen nicht einfach der Austausch zwischen dem Ich und der Welt stattfindet,

vielmehr entstehen Medien, in denen sich erst die Konfrontation von Ich und Weltvollzieht. Nur über Medien kann jene Distanz hergestellt werden, in der nicht mehr unmittelbar mit den Dingen, sondern mit Zeichen, die sie sich geschaffen hat, verkehrt wird. In Cassirers

Theorie der symbolischen Formen sind Medien und Kultur gar nicht voneinander

geteilt zu denken, denn es ist die mediatisierte Kultur, aus der die Möglichkeit zur Entfernung entsteht, die erforderlich ist, um sowohl die epistemischen als auch die ästhetischen Möglichkeiten der Welterschließung zu erzeugen. Die Medien, und dies nicht nur im Bereich der Kultur, gewinnen die Schlüsselfunktion der Welterschließung und der Weltkonstruktion, insoweit als aus ihnen die Weltbilder entstehen, die jeder

Kultur zugrunde liegen. Im Zusammenhang einer allgemeinen Medientheorie der kulturellen Kommunikation sind Ausdrucksmedien nicht einfach getrennt voneinander, sondern hängen unmittelbar zusammen. In den veränderlichen Symbolisierungen sind Benennung und Begriff ineinander verwoben.

Instrumente und Apparate, technische Geräte und Großtechnologien helfen nicht nur bei der Naturbeherrschung, sie produzieren auch Kultur. Und es ist diese Verbindung, die für technikfeindliche Kulturkritik bis heute herhalten muss.

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Holodeck

In den Star- Trek- Serien wird das Holodeck als ein Raum dargestellt, in dem beliebige virtuelle Welten mittels Holografie-Technik simuliert werden können. Im Unterschied zu tatsächlich existierenden Virtuellen-

Realität- und CAVE- Systemen können die gezeigten holographisch erzeugten Umgebungen aber nicht nur visuell und akustisch, sondern auch haptisch realistisch wahrgenommen werden, so dass beim Benutzer ein Gefühl völliger Immersion erzeugt wird.

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Filmvirtualität

Die Darstellungen des Holodecks in Filmen und Serien weichen teilweise voneinander ab: In manchen Folgen der zweiten Star- Trek- Serie löst sich die im Holodeck simulierte Materie außerhalb des Holodecks auf, während in anderen Folgen Gegenstände aus dem Holodeck mitgenommen werden können. Auch der Zusammenhang zwischen räumlicher Ausdehnung des Holodecks und der Begrenzung der darin erzeugten begehbaren virtuellen Welt wird unter-schiedlich dargestellt: In einer Folge wirft ein Protagonist einen Gegenstand an die Wand des Holodecks, die mit einer kurzen Verzerrung des Bildes reagiert. In anderen Folgen dagegen bewegen sich die Besucher des Holodecks scheinbar ohne räumliche Grenzen, wenngleich sie schon längst auf eine Wand hätten treffen müssen. Ein wichtiges dramaturgisches Element der dargestellten Holodecktechnologie sind die so genannten Sicherheitsprotokolle, die trotz der haptischen Dimension der virtuellen Umgebungen Verletzungen der Protagonisten ausschließen sollen.

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Realisierbarkeit

Lawrence M. Krauss sieht 1996 in seiner Untersuchung – auch unter Annahme sehr weit fortgeschrittener Technik – keine denkbare zu Grunde liegende Funktionsweise zur Realisierung einer solchen Vorstellung. Fühlbare 3D-Projektionen sind die Grundlage des Holodecks. Forscher der Universität in Tokio haben auf der Siggraph 2009 in New Orleans eine Holoprojektion vorgestellt, die bei Berührung Druck ausübt. Projektionen fühlen sich dadurch wie feste Objekte an. Regentropfen auf der Hand sind gut sichtbar und erfühlbar.


 


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Are Clouds Heaven?

 

 

Dekonstruktivistisch erhebt sich ein gläserner Kubus, stehend auf drei wandartigen Stützen, umhüllt von einer Wolke. Die Instabilität aufspürend, fragt sich der Betrachter wer denn hier wirklich trägt – der Kubus, die Wolke oder umgekehrt? Am unteren Ende der Stützen fußt ein identischer Kubus, ein Zwilling ohne Wolke aber mit Wasser. Diese zwei Kuben sind im Zentrum dreier Plattenbauten. Die Plattenbauten sind mit Solarthermie- und Photovoltaik- Elementen verkleidet und erzeugen so den Bedarf an Energie und warmen Wasser für Wolke und Schwimmbad. Die topographische Konfiguration der Wegeführung legt den Menschen als regelndes, nicht aber als bestimmendes Element der Natur fest.

Die Kuben laden den Betrachter bzw. den Bewohner ein, einzeln und gemeinsam an dem Erlebnis einer ›Live-Programmierung‹und der Möglichkeit zum Experimentieren teilzuhaben. Teilzuha­ben, anstatt das Werk als eine festgelegte Abfolge von vorprogrammierten Ereignissen aufzufassen.

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WASSER LICHT ENERGIE

Durch diese Materien wird das Leben imitiert, der Versuch unternommen permanentes Verändern und Werden zu begreifen. Wasser, das im Zustand permanenter Veränderung und des Wer¬dens die Grenze zwischen Innen und Außen vollends verschwimmen lässt. Die unablässig sich verändernde, dampfende Morphologie findet ihre meteorologischen Entsprechungen, die über den Horizont hinweg zieht. Im Inneren der Wolke befindet sich ein Live-Labor, das durch drei-dimensionale Bilder, die durch Laservideoprojektion erzeugt werden. Die Kuppel des Pavillons bildet ein Panorama, ein reaktives Medium, was den Zuschauer zurückliegende Abbildungen perspektivisch Erfahrungen erleben lässt. So entsteht in der Zusammenarbeit von Kunst und Technologie eine Erfahrung zwischen Mensch und Natur. Was das Motive der Ewigkeit und die Veränderung wahrnehmbar macht.

DIE ERHABENHEIT!

Nach Kant empfindet der Betrachter ein schauerliches Vergnügen in der Begrenztheit seiner Kräfte gegenüber der Übermacht der Natur. Diese Empfindung kann auch in die Vorstellungswelt des Betrachters übertragen werden, zum Beispiel in Gedanken an das Unendliche.Die Ebenen des Erhabenen werden dargestellt, indem sie eine manipulierte Wolke (Natur) mit einer abstrakten Medienpräsentation (Vorstellung) verbinden. Und mit dem Thema des Wetters sogar die Gesellschaft als Ganzes reflektieren.

 


 


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Metacube

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Durch die Aufgabenstellung einen Metaraum zu erschaffen beschäftigte ich mich mit virtuellen Räumen. Auf der Suche nach einer architektonischen Schnittstelle zwischen Virtuellem- (Medialem) und Realraum stieß ich bei meinen Nachforschungen immer auf das Internet, was vor allem in dem Bereich Low Budget viele Lösungen parat hält. Bewegungen wie Open Source schafften neue Ansätze der Autorenschaft, eine Interaktion mit dem Autor und die Weiterentwicklung  des Programms. 1994 wurde das Internet fast ausschließlich von Männern um die 30 genutzt. Heute wird das Internet von allen Geschlechtern und Altersgruppen benutzt. Betrachtet man das Web 2.0 so sind allein in den letzten Jahren Wachstumsraten in Millionenhöhe erreicht worden. Plattformen wie Youtube, Skype und Portale wie Facebook verschieben private Räume in Öffentliche. Innenräume werden zu Außenräumen innerhalb von Sekunden. Informelle Distanzen sind nur noch von der Geschwindigkeit abhängig in der ein Elektron von A nach B fliest.

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Die Metabox verknüpft diese Eigenschaften des Internets mit dem öffentlichen Raum, macht den öffentlichen Raum zum privaten Fenster und den privaten zum öffentlichen Raum. Dabei entsteht ein neuer Metaraum, unabhängig vom Ort existiert man als Bild im Fenster an vielen öffentlichen Orten. So entsteht ein konzentrierter Austausch, mit der Architektur und dem öffentlichen Raum.

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Die Gewalt der Partizipation – Schwabinggrad Ballett

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Mein erster Blog.

Ich habe mich mit dem Text „Die Gewalt der Partizipation“ von Markus Miessen und dem Hamburger Künstler- und Aktivistenkollektiv Schwabinggrad Ballett beschäftigt.

Roland Barthes fand das Wort „Idiorrythmie“ in der Beschreibung der Lebensweise einiger Mönche auf dem heiligen Berg Athos, und sein Phantasma konnte sich darin auskristallisieren. Ich fand das Wort Architektur in dem Text von Miessen, und ein roter Faden, der sich durch die in unserem Seminar vorangegangen, gemeinsam gelesenen und diskutierten Texte zog, spann sich um ein Thema, das mich seit Beginn meines Studiums beschäftigt: Bewege ich als Architekt etwas, oder werde ich bewegt? Welche Bewegungen sind in dem Geflecht von wechselseitigen Abhängigkeiten und komplexen Planungsprozessen überhaupt möglich, und welche Kräfte entscheiden über die Richtung, in die geplant wird? Wenn man sich aktuelle Stadtentwicklungstendenzen vergegenwärtigt, kann man gerade in Hamburg konstatieren: Hier entscheidet überwiegend das Kapital der Investoren und deren Renditesucht ohne ein wie auch immer geartetes und formuliertes Interesse der städtischen Gemeinschaft mit in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Warum sehen sich viele Stadtbewohner ganz selbstverständlich als passive Beobachter dieser Entwicklungen, und warum sind viele Architekten mehr Dienstleister als verantwortungsvolle Akteure mit einem gesellschaftspolitischen Impetus? Es geht um Partizipation. In welchem Verhältnis stehen Architektur und  Stadtplanung zu Partizipation? Miessen liefert mit seinem Text Thesen zu den praktizierten, möglichen und vielleicht notwendigen Modellen von Partizipation. Wenn aus Partizipierenden aktiv Handelnde werden, die darauf bestehen Akteure zu sein, und wenn statt Konsenspartizipation konfliktreich partizipiert wird, dann kann das zur mikropolitischen Praxis führen. Diese hat das Potential ähnlich effektiv zu sein, wie „traditionelle staatspolitische Aktivitäten“(S.4)

Bewusste Implementierung von Konflikten – Konflikt-Initiierung – konflikthafte Partizipation – unerwünschte Irritation – erzwungenes Eindringen – mikropolitische Form – Bruch mit der Konsensmaschine – Beim Lesen des Textes hatte ich Bilder von einigen Aktionen des Schwabinggrad Balletts vor Augen.

Das Schwabinggrad Ballett beschreibt sich auf der Internetseite selbst:

`Das Schwabinggrad Ballet ist ein aktivistisch-künstlerisches Kollektiv aus Hamburg, das sich zur Jahrtausendwende gegründet hat, um jenseits ritualisierter linker Protestformen unerwartete Situationen herzustellen. Das Schwabinggrad Ballett vereint in seinem Namen die Erinnerung an die größte Niederlage der Nazis und die ersten bohemistischen Strassenmusiker-Krawalle der Republik. Es ist ein offenes Kollektiv und Teil eines Netzwerks, das unter anderem den Hamburger Buttclub betreibt. Dort werden Diskussionen, Lesungen, Ausstellungen, Konzerte, Lesegruppen und Aktionen organisiert.´

http://schwabinggrad-ballett.org/html/info.html

Einen Abend lang habe ich mit Tina und Christoph vom Schwabinggrad Ballett zusammen gesessen und konnte ein paar Fragen auch in Bezug auf den Text „Die Gewalt der Partizipation“ von Markus Miessen stellen. Da ich mich sowohl in Interviewtechniken und -konzepten  als auch in dem Wissen über dieses aktivistisch-künstlerische Kollektiv als eher postdisziplinär einschätzen würde, hatte ich die Hoffnung, frei nach Miessen, auf eine dilettantische Weise vollkommen in die Tiefe der Thematik eintauchen zu können, um im Zusammenspiel mit Tina und Christoph, ein bis zwei Flaschen Wein und ein paar vorbereiteten Fragen unerwartetes Wissen zu produzieren. Miessen schreibt: „Wenn sich Menschen versammeln, ergeben sich räumliche Konflikte.“ Nach den ersten zehn Minuten in der großen WG-Küche konnte ich zumindest diese These in Bezug auf unsere kleine Versammlung nicht bestätigen.

Das Gespräch fand am 08.03.2013 in Hamburg-Altona statt

Im Interview wird das Schwabinggrad Ballett mit SB abgekürzt.

Jakob: Was macht für Euch Stadt aus?

Tina: Dazu fällt mir spontan ein Gespräch mit der Stadtethnologin Frau Prof. Kathrin Wildner ein, die hierzu folgendes sagt:

`Was Stadt ausmacht sind Heterogenität, Vielschichtigkeit, Unübersichtlichkeit, Konflikte und Prozesse zwischen den verschiedenen Akteuren. Das `Recht auf Stadt´, ein Begriff von Henri Lefebvre, bedeutet Teilhabe an den Infrastrukturen der Stadt – aber vor allem, Stadt mitgestalten zu können und mitzuentscheiden. Ich spreche nicht von der Partizipation im Sinne eines runden Tischs wie er heutzutage in Stadtplanungsdiskursen üblich ist. Das sind in der Regel Tools um etwas zu rechtfertigen.  Alle dürfen sagen, wie sie sich Stadt vorstellen, dann hängen die Zettel an der Wand, bis sie weggeworfen werden. Die Machtverhältnisse sind von Anfang an klar.´

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Anmerkung: Der Artikel „Urban Utopia“. Gedanken über die ideale Stadt wurde in einer Fake-Ausgabe des städtischen Hamburger Marketing Magazins „Hamburg: Das Magazin aus der Metropole“ veröffentlicht. Herausgegeben von der Initiative „Recht auf Stadt“

In dem Editorial heißt es:

„Liebe Leserinnen, liebe Leser,

In Hamburg sagt man „Tschüs“. Und mit dieser Ausgabe sagen wir auch „Tschüs!“. Zu dem Werbegetexte, das PR-Magazine wie dieses üblicherweise prägt. Wir: Das sind ein paar Hamburger Journalistinnen und Journalisten, Grafiker und Grafikerinnen die es nicht mehr ertragen, das Marketingsprech vom „Wohnen am Wasser“ und der „pulsierenden Metropole“, während um uns herum die Mieten steigen, sündhaft teure Eigentumswohnungen und Büroglaspaläste aus dem Boden schießen und Grünflächen verkauft und zugebaut werden. Wir möchten sie nicht mehr ausklammern, die soziale Frage.

Ja, es ist eine Menge in Hamburg los – aber ganz anders als es sich unsere Metropolen-Vermarkter wünschen. Unter dem Motto „Recht auf Stadt“ entstehen derzeit überall in Hamburg Initiativen gegen Gentrifizierung, gegen städtische Großprojekte und für Freiräume – einige stellen wir in diesem Magazin vor.

Es wird Zeit, dass Politiker aufhören, Leitlinien zu befolgen, die sich Unternehmensberater ausgedacht haben. Denn das führt zu einer Stadt, auf die nur noch Besserverdienende ein Recht haben. Wir dagegen meinen: Die Stadt gehört uns allen.“

Jakob: Miessen spricht in seinem Text von der bewussten Implementierung von Konfliktzonen, auch durch unerwünschte Irritationen. Klingt nach Aktionen des SB.

Tina: Was das SB toll kann ist, Situationen überraschend umzudrehen. Das SB setzt in ungewöhnlichen Auftritten mit künstlerischen Mitteln Duftnoten.

Christoph: Wir hatten z.B. eine Aktion in der wir das Empire Riverside als Symbol der Gentrifizierung schweben ließen. 2010 gab es dort einen Immobilienkongress zum Thema „Wie geht es nach der Krise weiter“. Sehr laute Elektro-Musik und 50-60 kostümierte Leute des SB haben mit beschwörenden Bewegungen ein „Energiefeld“ erzeugt, um dieses Gebäude schweben zu lassen. Zu der Musik kam ein Warnhinweis, dass das Gebäude in Richtung Weltall fliegen wird.

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Jakob: Was ist euer Ziel bei solchen Aktionen? Ist das für euch mikropolitisches Handeln?

Tina: Das SB hat nicht wie früher die Linke das Motto „Rettet die Welt“, wir fangen nicht bei der dritten Welt an und versuchen auch nicht uns als Experten aufzuspielen. Die Bewegungen konzentrieren sich ja sehr auf das Lokale, und ich meine damit nicht die piefigen Stadtteilbewegungen nach dem Motto „Wir wollen unseren Garten“. Mir persönlich tut es sehr gut, das Gefühl zu haben, nicht gleich die ganze Welt analysieren zu müssen, um politisch handeln zu können. Wir agieren jetzt und hier und wollen erstmal stören, auch ohne zu wissen, wie es anders aussehen könnte.

Jakob: Was ich gut finde ist, dass ihr euch das Recht auf Partizipation einfach nehmt und darauf besteht, Akteure und nicht Zuschauer oder nur Kritiker eines Prozesses zu sein.

Christoph hat ein Buch über Gentrifizierung geschrieben. Gibt es eine konkrete Verbindung zwischen dem SB und Architektur bzw. Städteplanung?

Tina: Ja die gibt es, aber nicht programmatisch. Wir haben uns das ja nicht explizit auf den Zettel geschrieben.

Christoph:  Das kam aus der Bewegung „Recht auf Stadt“, die 2009 Hamburg in Hamburg entstand und dadurch plötzlich so ein Feld da war, auf dem soziale Kämpfe stattgefunden haben, die uns interessierten und in die wir personell involviert waren.  Die Idee vom SB war ja immer, neue Elemente in solche Auseinandersetzungen einzubringen.

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Willkommen

Tina: Das auch ist der Unterschied vom SB zu Bewegungen, die z.B. irgendeine Band fragen, ob sie auf der Demo spielen können, damit es nicht so öde ist. Unsere Idee ist eine andere. Es ist eine Vermischung aus Künstlern und Nichtkünstlern und kein festes Ensemble. Manche Leute waren nur einmal dabei, manche schon seit 10 Jahren. Es gibt die Verbindung zum Städtebau personell auch schon länger als seit 2009. Christoph Schäfer hat schon vorher z.B. das Park-Fiction Projekt gemacht und so verhindert, dass die Perlenkette vollkommen zugebaut wurde. Dort wurde wirkliche Partizipation versucht, durch das Befragen und Erfassen der Meinungen von Leuten, die in St. Pauli wohnen. Das hieß damals „Partizipation Deluxe“. Die Initiative war auch bei der Documenta eingeladen.

http://www.partizipation-deluxe.org/

Christoph: Generell kann man sagen, dass wir als lokale Gruppe im städtischen Umfeld schon vor der Bewegung „Recht auf Stadt“ immer mit städtischen Konflikten befasst waren. SB ist eine Gruppe die in einem bestimmten sozialen Feld in Hamburg agiert, und auch die Aktionen in Griechenland kamen daher, weil Leute, die dort mitmachen, damit persönlich verbunden sind. Das ist der Hauptgrund warum das SB immer sehr viel in städtischen Konflikten agiert.

Jakob: Miessen schreibt in seinem Text, dass er die Notwendigkeit analysieren möchte, außerhalb existierender Netzwerke zu agieren und dabei die Kreise konventionellen Fachwissens hinter sich zu lassen versucht. Inwiefern bewegt sich denn das SB innerhalb von Netzwerken und in wie weit ist es eingebunden in vorhandene linke Netzwerke.

Tina: Es gibt einen Kern von Beteiligten, aber es gibt immer Leute die dazu kommen und wieder weggehen. Das SB ist offen, und das gibt es ja auch nicht oft. Wir sind natürlich in Netzwerke eingebunden, aber ohne uns vereinnahmen zu lassen.

Es gibt ein schönes Beispiel hierzu. Wir sind integriert in Kampnagel, gefördert von der Kulturbehörde. Es gab dann dort ein Symposium zum Thema „Intervention“, und viele aus unseren Netzwerken waren eingeladen. Es wurde bei diesem Symposium über Intervention gesprochen, wie sich herausstellte mit einem absurd breiten Spektrum von der militärischen bis zur künstlerischen Intervention. Wir haben bei diesem Symposium mit einem riesigen Transparent „Das Schwabinggrad Ballett wird nicht am Hindukusch verteidigt“ den Eingang versperrt, um klar zu machen wie Kulturgelder verbraten werden. Wir haben keine Angst, Fördergelder zu verlieren. Das SB ist Teil von Netzwerken, aber auch immer einen Schritt außerhalb. Wir legen keinen Wert auf Netzwerke.

Christoph: Ich denke, was Miessen in dem Text meint ist, dass wenn über Stadt geredet wird, sich Stadtplaner, Architekten, Behördenleute treffen. Er denkt, dass auch fachfremde Personen interessante Sachen liefern können.

Tina: Wir bei SB sind ja auch keine Experten. Bei uns sind auch keine Stadtplaner.

Jakob: Es ist aber trotzdem auch kein dilettantisches Eingreifen, sondern ihr verfolgt schon ein bestimmtes Ziel mit euren Aktionen, oder?

Christoph: Ja, aber es geht auch viel um das Irritieren. Wie z.B. bei der Eröffnung des Internationalen Maritimen Museums.  Das war eine typische Eröffnungssituation mit Häppchen, Reden, Bierzelt und Bundespräsident. Es gab eine Barkasse, die Verbündeten gehörte, die damals die inhaltliche Arbeit gegen das TAM machten, und die wollten eine Protestfahrt machen, um da ranzukommen. Deren Transparente waren normal moralisch links. Unser Ziel war, das ganze zu überzeichnen. Wir waren eine abgerissene Marinekapelle und hatten Slogans wie „Opas Marine war kein Nazi“, um die andere Seite dazu zu zwingen, sich damit zu befassen, weil sie erstmal herausfinden mussten, was das bedeutet.

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Christoph: Ein weiteres Beispiel für unsere Aktivitäten war zum Thema Schulreform im Juni 2009. Bei einer dieser ersten Demos haben wir uns als Blankeneser Bürger den Schulreform-Gegnern angeschlossen und haben die Forderungen überzeichnet, z.B. „Herkunft muss sich wieder lohnen“ oder „Jedes Unten braucht ein Oben“. Leider wurden wir von der Polizei aus der Demo ausgeschlossen. Hier sollte der Konflikt zugespitzt werden, um Sachen sichtbarer zu machen.

Jakob: Siehst du den Architekten als reinen Dienstleister oder auch als denjenigen, der gesellschaftlich handelt und nachdenkt.

Tina: Der Architekt will ja Künstler sein, er ist der Ästhet, aber Architektur ist ja wahnsinnig von Investoren abhängig. Es bauen auch immer die selben Architekten die selben Sachen. Architekten sollten sich mehr dafür interessieren, wie die Menschen in Zukunft leben können und was man aus vorhandener Substanz machen kann.  Ich erwarte von Architekten, dass sie diese Themen ernst nehmen.

Jakob: Miessen schreibt, dass Partizipation oft als Mittel betrachtet wird, um durch pro-aktive Beiträge und das Einnehmen einer bestimmten Rolle Teil von etwas zu werden. Also eine eher unkritische Form der Partizipation. Kennt Ihr das?

Christoph: Ich war auf einigen dieser Partizipationsveranstaltungen, dort ist es zunehmend der Fall, dass alles, was die Teilnehmer machen, in Ordnung ist. Man könnte bei „Mitte Altona“ auch hingehen und sagen, ich will jetzt meinen PowerPoint-Vortrag halten, und es wäre in Ordnung. Am nächsten Tag ist das Bild dann auf der Website um zu zeigen, die waren ja da und hatten die Möglichkeit teilzunehmen. Ich will damit sagen, wenn man versucht, künstlerisch zu intervenieren, muss man aufpassen, dass man nicht Teil der Bildproduktion wird. Dafür ist auch das SB durch seine Aktionen prädestiniert.

Tina: Was ich an dem Text spannend finde ist die Frage „Wer darf partizipieren?“. Miessen sagt dazu, dass jeder Mensch, auch Fachfremde und „Außenseiter“, partizipieren sollen. Die Realität, zumindest in Städten wie Hamburg und Berlin, ist ja schon ein Stück weiter, es gibt hier „Runde Tische“ usw. Die Frage ist allerdings, wer hier die Macht hat. Man redet ja nicht auf Augenhöhe in diesen Partizipationsveranstaltungen.

Jakob: Genau das ist ja die Problematik, dass es bei solchen Konsensveranstaltungen diese Form der Partizipation gibt, die dem Konflikt die Schärfe nimmt und die eigentliche Ambition bremst und ins Leere laufen lässt. Miessen will ja gerade den Konflikt dort implementieren, um Reibung und neue Perspektiven zu produzieren.

Christoph: In dem Rahmen der Partizipationsveranstaltungen wird es schon ernst genommen. Es werden dazu professionelle Agenturen eingeschaltet, die das veranstalten. Da entsteht dann auch das Gefühl, es wird ernst genommen, was ich sage. Es wird allerdings auf diesen Rahmen beschränkt und beeinflusst die eigentliche Planung kaum oder nur kosmetisch. An solchen Orten kommen dann auch Leute an die sagen, der Borkenkäfer muss erhalten werden und das ist dann auch teilweise lächerlich. Da es keine Zielsetzung gibt und erstmal alle zu Wort kommen, wird es teilweise unsinnig.

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Anmerkung der Redaktion: Auch der Borkenkäfer kann ein Außenseiter sein!

Jakob: Wie könnte man mit dieser Konsensmaschine brechen?

Tina: „Partizipation Overflow“ wäre da ein Ansatz. Wenn z.B ein Prozess, der nur dazu da war, die Unzufriedenheit abzufangen, von den Leuten überrollt wird und daraus neue Forderungen entstehen. Es gibt das Beispiel von enmedio aus Barcelona, wo darüber abgestimmt werden sollte, ob an einer Straße Bäume oder Laternen stehen sollten. Dann wurde von den Leuten durchgesetzt, dass es einen dritten Vorschlag gibt „alles bleibt wie es ist“. Und dieser wurde dann am Ende auch durchgesetzt.

Enmedio

Christoph: „Partizipation overflow“ gibt es auch im Zusammenhang mit der „Neuen Mitte Altona“ im Rahmen der Initiative Recht auf Stadt. Das Moratorium richtet sich gegen die Inszenierung von Bürgerbeteiligung und fordert eine echte Auseinandersetzung über die zukünftige Stadtplanung

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http://agenturfuerausgleich.org/

Tina: Partizipation an Stadtplanung und -entwicklung wird zukünftig eine immer größerer Rolle spielen. Man muss solche Prozesse auf jeden Fall ernst nehmen und ihnen viel mehr Zeit einräumen.

Jakob: Mehr Zeit ist angesichts der aktuellen Geschwindigkeiten eine wichtige Forderung. Miessen fragt sich auch, wie es möglich sein könnte `an einer bestimmten Umgebung oder Situation zu partizipieren, ohne die eigene Rolle als ein aktiv Handelnder zu kompromittieren, der sich nicht dafür interessiert, „Gutes zu tun“, sondern Fragen stellt und dabei versucht die Praxis in einer bestimmten Richtung zu prägen.´(S3) Ich finde den Ansatz vom SB da spannend, weil es wegen der unkonventionellen Eingriffe, die im öffentlichen Raum stattfinden, eine ganz andere, eher unübliche Art von Partizipation betreibt. Durch das Herstellen von unerwarteten Situationen entsteht Bewegung und Reibung, jenseits aller eingeübten und abgeschliffenen Protestformen.

Mehr Zeit könnten auch wir brauchen, um dieses Thema weiter zu stricken! Herzlichen Dank für Eure Zeit und viel Spaß und Erfolg bei der nächsten Aktion.

Das Schwabinggrad Ballett praktiziert im Raum – jenseits von Konsensmodellen. Zwar hat es sich nicht explizit die Auseinandersetzung mit Stadtplanung oder Architektur auf die Fahnen geschrieben, aber als städtisches Kollektiv bewegt es sich in den Konfliktzonen  aktueller Partizipationsbewegungen um zukünftige Raumproduktion. Meine Fragen hinsichtlich der Aufgabe und dem Anspruch von Architekten bleiben weiter offen, aber eines ist doch durch die Beschäftigung mit dem Schwabinggrad Ballett klarer geworden: Es gibt eine Vielzahl von Initiativen und Projekten, die sich in weit stärkeren Maße als Akteure in die Entwicklungen der städtischen Räume einmischen und konfliktreich partizipieren wollen, als ich bisher wahrgenommen hatte. Ob diese dem von Miessen beschriebenen Außenseiter ähnlich sind, `dem es gelingen kann, den Machtbeziehungen des Expertenwissens kritisch etwas hinzuzufügen´ ist unklar.  Als Stadtplaner und Architekt wird man jedenfalls mit dem Habitus des `aus sich selbst schöpfenden Genies´ oder als kritikunfähiger Handlanger von Investorenwünschen zukünftig häufiger auf städtischen Granit beißen.

Diese Initiativen und Projekte sind, um am Ende auf den Ursprung unseres Seminars zurückzukommen, Orte, an denen zusammen gehandelt und sich auch gemeinsam bewegt wird. Die Schwierigkeiten, in kollektiven Zusammenhängen zu handeln und sich dort zu verhalten, bleibt hier bestehen. Zwar sind die Grenzen fließend und die Gruppen sind offen, aber die Frage, wie man die Praxis prägen kann, ohne ein Maß an Distanz aufgeben zu müssen, bleibt offen.

Zum guten Schluss: Die wahrscheinlich nicht idiorrythmisch lebenden Mönche der sanften Überredungskunst. Sie schlagen die 12 Thesen gegen Gentrifizierung an die Tore der Hamburger Finanzbehörde.